Sonntag, 18. September 2011

Handwerker- und Baumarkt-Fachchinesisch und Pfusch am eigenen Bau

Der Handwerker hat seine eigene Sprache. Diese zu ergründen ist ein Quell steten Missmuts.
Foto
© Vera Kriebel, 2011
Handwerksbücher für Heimwerker - Selbst ist der Mann

Ich habe inzwischen Zeitschriften wie "Selbst ist der Mann" und Handwerkerbücher - allesamt durch die heimische Bücherei ausrangiert und auf ihrem Flohmarkt erworben, die mit ihrer blumigen Sprache ein steter Quell des Vergnügens sind. 


Beispiele:  
  • "Im Anfang war der Nagel", "Vom traurigen Hähnchen", Im Königreich der Öl- und Lackfarbe" ... (Knaurs Handwerksbuch, 1958)
  • "das Selbermachen ist ... ein dem Menschen bereits in die Wiege gelegter Tatendrang" (Der große Heimwerker, Ingeborg (!) Roggenbuck (Hrsg.) (die Autoren sind aber allesamt männlich), Englisch-Verlag, 1978. Dort wird wirklich alles behandelt, vom Tapezieren übers Schweißen bis hin zum kompletten Hausbau!)
Diese Bücher sind aber neben dem Internet - versteht sich - auch ein Quell der Information, und zwar der grundlegenden, systematischen und durchdachten. Denn das, was dort steht, kann einem kein Handwerker vermitteln. Denn die sind - ich sagte es ja bereits mehrfach - zu strukturiertem, noch dazu abstrakten und theoretischen Denken, und noch weniger: Kommunizieren ja leider nicht in der Lage.

Vokabellisten der Handwerkersprache

Jedenfalls bin ich in der Anfangszeit des Hausbesitzerdaseins über Monate mit Zetteln rumgerannt und habe nachzuvollziehen versucht, ob das, was man mir vorschlug, tatsächlich Hand und Fuß hat. Oder ich habe getrachtet zu begreifen, was diese Handwerker von mir wollten. 

Was Estrich, Mörtel, Putz sind ...
Ich habe regelrechte Vokabellisten angelegt, die vielleicht nicht ganz korrekt die Bedeutung eines Wortes wiedergeben, aber zumindest dessen alltäglichen Sinn widerspiegelten: Estrich = hoher Kieselanteil, für Boden; Mörtel für Wand und Mauer, zum "Zusammenpappen" der Steine, also "für dazwischen"; Putz ist das, was auf den rohen Mauern ist, das, was diese gerade, lotrecht und meist auch glatt macht. Wenn "Beton" oder "Zement" im Wort vorkommt, will man damit andeuten, dass dieser Mörtel, Estrich usw. besonders hart ist. Heute gibt es aber so viele verschiedene Zement-, Beton-, Mörtelsorten, dass man nicht mehr sagen kann, was tatsächlich die Bestandteile des einen oder anderen Baumatsches sein sollten.
  • À propos Beton: Zum Thema Beton gibt es eine ganz wundervolle Sendung von Planet Wissen, in der ein Professor Bernd Hillemeier alles über Beton erklärt und so offensichtlich von diesem Baustoff überzeugt ist, dass sein Schwärmen selbst die Herzen der Moderatoren zum Schmelzen brachte und den härtesten Betonhasser erweichen würde. Der erzählt zum Beispiel von einer Betonsorte, die sich weich anfühlt. Wer dies nicht glauben kann: In Duisburg, im Museum Küppersmühle (MKM) ist vermutlich so etwas zum Einsatz gekommen bei der Treppe im neuen Anbau (wobei hier sicher auch die warme sanft-erdrote Farbe eine Rolle für das Empfinden des Besuchers spielt, wenn er die Betontreppe besteigt und anfasst).
Handwerkerisch - der Handwerker kennt die eigene Sprache nicht

Aber zum Thema zurück. Im Nachhinein war all dies Pauken meinerseits Unsinn: Die Handwerker verstehen nämlich ihr eigenes Handwerkerisch gar nicht. Scheinbare Fachausdrücke werden so willkürlich und wahllos benutzt, wie dies ein einjähriges Kind macht, das sprechen lernt. 

Ich will nicht die Lintanei mit dem "zu blöden Handwerker" wiederholen, aber ein wenig sieht es tatsächlich danach aus, als wäre "da oben" nicht allzu viel vorhanden, denn sie können ihre eignen Fachsprache nicht vernünftig anwenden. 

Egal: Estrich oder Ausgleichsmasse?

Da quatscht mir einer die Ohren voll, er habe bei sich zu Hause (dass sie auch bei sich zu Hause herumpfuschen, verschafft mir ein wenig Genugtuung und jede Menge Schadenfreude) "Estrich" vom Praktiker benutzt, und der sei aber Mist gewesen, weil er sich auf dem Boden nicht glatt und gleichmäßig verteilt habe. Da ich mir die herausgebrochenen Reste davon anschaue, bemerke ich, wie fein die Masse ist, und dass der oben erwähnte Kieselanteil, der bei herausgebrochenen Estrichstücken immer sichtbar sein müsste, komplett fehlt. Er meint Ausgleichsmasse … Ziemlich überrascht und peinlich berührt (eine Frau muss ihm, dem Handwerker sagen, was da zu seinen Füßen liegt), stimmt er mir zu, wischt das aber mit "ja, ja, klar, ist doch egal" hinweg. Egal ist das leider nicht, Herr Handwerker, aber genau diese Einstellung trägt mit bei zu den katastrophalen Arbeitsergebnissen eines hoffentlich möglichst kurzen Handwerkerlebens.

Das traute Handwerker-Heim - Pfusch im eigenen Nest

Ganz nebenbei erzählt er, dass dies der zweite Versuch gewesen war, seine Küche mit einem neuen Untergrund zu versehen. Das erste Mal hätte er die Grundierung vergessen, da durfte er die Ausgleichsmasse wieder herausmeißeln, weil sie ohne Grundierung nicht gehalten hätte. (Ob das überhaupt stimmt, also ob Ausgleichmasse zwingend die Grundierung des Untergrunds voraussetzt, weiß ich nicht. Ich vermute eigentlich, dass nein, zumindest nicht zwingend, weil ich bisher nirgendwo von einem solchen ehernen Gesetz gehört habe.)

Schadenfreude pur: Bombenfestes mit viel Schweiß herausreißen
Beim zweiten Versuch, bei dem die oben erwähnte mangelhafte Ausgleichmasse verwendet wurde - angeblich, man weiß ja nicht, wie viel Märchen dabei war, denn die Schuld auf andere abschieben, das tun sie ja gerne, unsere Handwerkerfreunde - hatte er die Grundierung vorher aufgetragen. Es kostete ihn daher geschlagene zwei Tage, um das bombenfest mit dem Boden verankerte Zeug wieder herauszubohrhämmern. 

Ich kann mir ein wenig mitfühlendes Lächeln nicht verkneifen, gönne ich doch jedem Handwerker alles nur erdenklich Schlechte. Und wenn's im eigenen Handwerker-Haus geschieht - um so besser!


1 Kommentar:

  1. Ja so is das richtig alles verallgemeinern, es gibt schlechte Handwerker, völlig ohne frage, aber wenn ich sowas lese: gönne ich jedem Handwerker alles nur erdenklich Schlechte...
    Tut mir leid aber wenn man sone Kunden hat wie sie einer sind, denken sie da allen ernstes wir geben uns noch mühe. Überlegen sie mal wo wir heute ohne Handwerker wären, ok es gibt sachen die kann man auch als Heimwerker machen, aber andere die können sie auch mit ihren Büchern nicht selbst weil sie es erstens nicht dürfen und zweitens ihnen die erfahrung fehlt.

    naja mit freundlichen grüßen ein Handwerker

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