Mittwoch, 14. September 2011

Schwafeleien zu Mythos über Fugenlehre zu Staatsträger

Es gibt den - natürlich besonders von Handwerkern gepflegten und verbreiteten Mythos, dass, wer deutsche Handwerker beauftrage, den deutschen Sozialstaat stütze. Zunächst einmal unterstützt man ...

Kokerei Hansa, Dortmund
© Martin Merz, 2009



... schlicht überzogene Handwerkereinkommen, insbesondere das des immer jammernden deutschen Meisters als Vorzeigeobjekt des ebenfalls zum Vorzeigeobjekt stilisierten teutschen Mittelstands.

Was schwafelst Du, Du Thor? Zum Thema zurück.

Vom Mauer-Verfugen - im Allgemeinen

Der Typ, der verfugt, was - wie geschrieben - eine Arbeit ist, die - vorsichtig ausgedrückt - nicht  jedem liegt, dieser Verfuger also erzählt, dass er ein Jahr gebraucht habe damals als Lehrling, um den Mörtel auf der Fugenkelle zu halten - was ich nachvollziehen kann und was mich als notorischen Schreibtischtäter dann auch etwas tröstet: Denn es war während des schier unendlich erscheinenden Fugen-Sommers ein ewiger, meist für mich vergeblicher Kampf, diesen Mörtel so lange und so weit auf der Fugenkelle zu halten, bis ich den Mörtel in der Fuge hatte. Das Ding, diese Fugenkelle, ist etwa 1,5 cm breit, und darauf muss man den Fugenmörtel zur Fuge transportieren, ein Ding der Unmöglichkeit für den Laien (auf immerdar) und offenbar selbst für den Heim/Handwerker (zumindest in den ersten elf Monaten).

Vom Verfugen alter Backsteinhäuser

Und die Fugen in alten Zechenhäusern haben die unangenehme Eigenschaft, völlig ungleichmäßig zu sein - da ist alles möglich von 10 bis 0,5 Zentimeter Fugenbreite, und außerdem verlaufen die Fugen nicht gerade, sondern mal geht's hoch, mal runter. Wer ein Klinkerhaus hat mit gleichmäßig waagerecht und senkrecht verlaufenden, 1,5 Zentimenter breiten Fugen, kann überhaupt nicht ermessen, wie das Neuverfugen eines alten Backsteinhauses abläuft.

Es war schrecklich. (Fast ein wenig traumatisch; ich könnte stundenlang darüber schreiben, wie man unschwer an diesem ellenlangen Beitrag zu einem an sich völlig langeweiligen Thema bemerkt.) Ich werde Fotos nachreichen.

Aber wenn selbst der Profi und handwerklich vermutlich ja etwas Geschicktere (schon wieder gleite ich ab in dieses irrationale Denken, das davon ausgeht, dass Handwerker tatsächlich fürs Handwerk begabt sind ...) ein Jahr braucht, um damit umzugehen, dann war ich ja mal gar nicht so schlecht. Ich rechne gerade mal aus: 30 Stunden pro verfugter Quadratmeter (inklusive vorheriger Reinigung) - wenn das nicht vorindustrielles Arbeiten ist. Das gilt heutzutage doch als ein besonderes Qualitätsmerkmal. Reine Handarbeit.

Zurück zur Stütze des deutschen Staates

Dieser Verfuger ist sicher nicht angestellt bei meinem Auftragnehmer. Er kommt niemals mit den anderen Mitarbeitern, er kommt vor allem nie, aber auch gar nie vor 11 Uhr, und das unregelmäßig. Und er kommt per Bahn aus einem entlegenen Münsterland-Kaff, braucht also schon einmal mindestens zwei Stunden, um zur Baustelle zu gelangen. Vermutlich kassiert er auch noch Arbeitslosengeld.

Aber da ich selbst diese Arbeit schon gemacht habe und monatelang nach jemandem gesucht habe, der das ausführen kann, bin ich still. Sehr still.

Obwohl ich angesichts des horrenden Preises für das ganze Werk manchmal die Wut bekomme ... Und nicht die stille ...

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